Fellbacher Zeitung: "Dem Idol ganz nah"
Für viele Fußballer würde ein Traum in Erfüllung gehen, wenn sie einmal im Leben ein Spiel gegen Ronaldo, Messi oder Jamal Musiala bestreiten dürften. Oder für einen jungen Tennisspieler, wenn er einmal Novak Djokovic oder Alexander Zverev in einem Match gegenüber stehen dürfte. Der 18 Jahre alte Schwimmer Linus Andrä vom TSV Schmiden hat kürzlich in Wuppertal gleich zwei Wettkämpfe gegen sein sportliches Idol bestreiten dürfen – allerdings nur indirekt. Denn Melvin Imoudu, der Europameister von 2024 über 100 Meter Brust und Olympiavierte von Paris, stand bei seinen beiden Vorläufen bei den deutschen Kurzbahnmeisterschaften rund fünf Minuten später auf den Startblöcken, als sein junger schwäbischer Konkurrent. Gewertet wurden aber dennoch beide Athleten im gleichen Wettkampf. Dass Imoudou am Ende über 50 Meter Brust rund dreieinhalb Sekunden schneller war als Andrä und über die doppelte Distanz sogar knapp acht Sekunden, war nebensächlich: „Mein Ziel war eine persönliche Bestzeit und zweimal nicht Letzter zu werden. Beides habe ich geschafft“, sagt Andrä, der die 50 Meter Brust auf dem 57. Rang unter 59 und die 100 Meter als 54. unter 58 Startern beendete.
Anders als Imodou und die anderen späteren Endlaufteilnehmer, ist der Schmidener, der schon mit sechs Jahren beim TSV mit dem Schwimmen begonnen hatte, kein Vollprofi. Im Frühjahr hat er mit einem Notenschnitt von 1,2 am Gustav-Stresemann-Gymnasium sein Abitur erfolgreich bestanden, aktuell und vor dem Start des Studiums im nächsten Sommer absolviert er ein Bundesfreiwilligenjahr (Bufdi). Daneben bestreitet der ehemalige Turner und Handballer aber auch bis zu acht Übungseinheiten pro Woche im Wasser und noch zwei weitere Athletikeinheiten. Das Ganze in der gemeinsamen Leistungsgruppe des TSV mit dem SV Waiblingen unter der Leitung von Trainer Hartmut Blume. „Schwimmen ist mein Sport und mein liebstes Hobby, aber es ist nicht mein Leben. Ich werde damit nie Geld verdienen oder zu großen internationalen Meisterschaften fahren. Deshalb versuche ich noch eine Balance mit meinen anderen Interessen zu halten“, sagt Andrä.
In den vergangenen zwölf Jahren hat der Aufwand immerhin zu mehrfachen Teilnahmen an deutschen Jugendmeisterschaften geführt. In seinem Jahrgang 2006 belegt er in diesem Jahr auf seinen Brust-Spezialstrecken in der Jahresbestenliste die Plätze 14 und 16. „In normalen Trainingswochen schwimme ich etwa 30 Kilometer, vor großen Wettkämpfen können es auch 40 Kilometer sein“, sagt der Schmidener Nachwuchssportler, für den die Meisterschaften in Wuppertal die ersten auf nationaler Ebene in der offenen Klasse bei den Erwachsenen waren.
In einem halben Jahr soll es dann auch das Ticket nach Berlin geben, wo der nationale Jahreshöhepunkt, die deutschen Titelkämpfe auf der 50-Meter-Bahn, stattfinden. „Die langen Bahnen mag ich lieber. Ich bin kein Spezialist für Wenden und Tauchphasen“, sagt Andrä, der sich für 2025 noch ein anderes Ziel gesetzt hat: Erstmals will er in einem Wettkampf über 50 Meter Brust die magische Marke von 30 Sekunden knacken. Bislang steht seine persönliche Bestmarke auf dieser Strecke bei exakt 30,00 Sekunden. Zur Bestmarke des sieben Jahre älteren Idols Malvin Imoudu fehlt da ein ganzes Stück: Die liegt momentan bei 26,74 Sekunden und bedeutet deutscher Rekord.